Vegetationsindizes (1/3)
Die rote Kante
Da die rote und die nahe infrarote Region benachbart sind (rot umfasst ca. 600 bis 700 nm und nahes Infrarot beginnt bei ca. 700 nm und endet bei ca. 1200 nm), wird die geringe Vegetationsreflexion des roten Bereichs direkt von einem starken Anstieg auf die hohe Reflexion im nahen Infrarot gefolgt. Dieser starke Anstieg in der Region um 690-730 nm wird als rote Kante (englisch: red edge) bezeichnet.
Das obere Schaubild zeigt die Reflexion drei ähnlicher Pflanzenkronen. Den Unterschied zwischen den Dreien bildet die Chlorophyllkonzentration. Die rote, die gelbe und die grüne Linie gehören zu Pflanzen, die eine geringe (rot), eine mittlere (gelb) und eine hohe (grün) Chlorophyllkonzentration besitzen. Je höher die Chlorophyllkonzentration, desto größer die Absorption im roten Bereich, und desto geringer die Reflexion. Zusätzlich gewinnt die Absorptionsmulde (die Fläche, in der die Absorption stattfindet) an Breite. Dies verschiebt die rote Kante zu höheren Wellenlängen (in Richtung des nahen Infrarot) und ihr Anstieg verliert an Steigung.
Frage: Was geschieht mit der Reflexion im grünen Bereich, wenn die Chlorophyllkonzentration steigt?
Entwicklung der Vegetationsindizes
Die Mehrzahl der Vegetationsindizes nutzt den Reflexionsunterschied zwischen dem sichtbaren und dem nahen infraroten Spektralbereich. Da sich das Chlorophyll immer in Pflanzen befindet und eine spezifische Absorption im roten Bereich hervorruft, wird dieser Bereich oft dem sichtbaren Licht (als ein Ganzes betrachtet) vorgezogen.
Der normierte differenzielle Vegetationsindex (NDVI)
Als die Reflexionen im roten und nahe infraroten Bereich erstmals kombiniert wurden, galt dies der Messung des Blattflächenindex (BFI) (englisch: Leaf Area Index LAI) von Waldkronen (Jordanien, 1969). Dieser erste Index nutzte das NIR/Rot - Verhältnis und wurde später auf Satellitendaten des LANDSAT/MSS der NASA angewandt. Weitere Untersuchungen ergaben, dass eine normierte Form des Verhältnisses in vielen Situationen von Vorteil war. So wurde der normierte differenzielle Vegetationsindex (NDVI) eingeführt. Dieser Index beschreibt das Verhältnis der Differenz zwischen der Reflexion im roten und nahe infraroten Bereich zu der Summe dieser Reflexionen. Durch die Normierung reicht der Wertebereich von -1 (keine Vegetation) bis +1 (reichlich Vegetation).
Der NDVI betrifft viele Eigenschaften einer Pflanze. Er wurde, und wird in vielen Fällen noch, zur Bestimmung der Gesundheit einer Pflanze, zur Erkennung phänologischer Veränderungen, zur Ermittlung der grünen Biomasse und der Bodenerträge und für andere Anwendungen benutzt.
Der NDVI zeigt jedoch einige Schwächen. Atmosphärische Bedingungen und dünne Wolkenschichten können die Berechnung des NDVI beeinflussen, wenn dieser auf Satellitendaten basiert. Ist die Vegetationsdecke gering, so beeinträchtigt alles, was sich unter der Vegetationskrone befindet, das aufgenommene Reflexionssignal. Hierbei kann es sich um reinen Erdboden, Vegetationsabfall oder andere Vegetationstypen handeln. Diese besitzen alle ein bestimmtes spektrales Verhalten, das sich von der zu untersuchenden Vegetation unterscheidet.