Ergänzung 1.6: Der Strahlungsdruck      (1/2)

Kometenschweife

Kometen zeigen in der Nähe der Sonne einen Schweif, der aus Staub, Eiskristallen und Molekülen besteht, welche von der starken Sonnenstrahlung aus der Oberfläche des Kometen herausgelöst werden. Man könnte denken: ein Komet zieht auf seiner Flugbahn den Schweif hinter sich her. Tatsächlich ist der Schweif von der Sonne weg gerichtet und gekrümmt. Die Krümmung ist bei dem Kometen, der am 21. Dezember 2011 - passend zur Weihnachtszeit -. von der Besatzung der Internationalen Raumstation beobachtet wurde, deutlich zu sehen. Von dieser Begegnung gibt es auch ein Video (3 MB)

Zoom Sign
Komet Lovejoy, von Kommandant Dan Burbank der Internationalen Raumstation ISS am 21. Dezember 2011 aufgenommen. Quelle: Gateway to Astronaut Photography of Earth, NASA

Die Orientierung und Krümmung des Schweifs von Kometen wurde schon von Johannes Kepler (1571-1630) im Jahr 1607 beobachtet und in seiner Schrift mit dem Titel Von dem neulich im Monat September und Oktober des 1607. Jahrs erschienenen Haarstern oder Cometen und seinen Bedeutungen beschrieben:

"Die Sonnenstraalen durchgehen das corpus des Cometens und nemen augenblicklich etwas von dessen Materi mit sich ihren Weg hinaus, von der Sonne entan, daher, halt ich, komme der Schwantz des Cometens, der sich allwegen von der Sonnen entan streckt."

Keplers Beobachtung deutet auf eine abstoßende Kraft hin, die das Sonnenlicht auf den Schweif ausübt und ihn aus der Flugbahn ablenkt. Man beschreibt diesen Effekt heute als Strahlungsdruck. Allerdings wirkt die von der Sonne ausgehende Schwerkraft ebenfalls, aber anziehend, insbesondere auf größere Teilchen im Schweif. Die beiden Kräfte führen oft zu einem zweifachen Kometenschweif wie er im Abschnitt über Photonen gezeigt wird.

Der doppelte Schweif wird im Arbeitsblatt 1.2: Kometen­schweife genauer untersucht.
Gleichungen

Darstellung des Strahlungsdrucks im Photonenbild

Bitte beachten: die Buchstaben p und E werden mehrfach verwendet, nicht verwechseln!
Wir gehen ohne Berücksichtigung spektraler Eigenschaften von einem Teilchenstrom aus ΔN Photonen aus, die in der Zeit Δt mit dem Impuls p auf eine Wand treffen. Die auf die Wand wirkende Kraft ist

F= ΔN Δt p ,

wobei wir nur senkrechte Stöße betrachten und daher Vektoreigenschaften nicht berücksichtigen müssen. Für den Impuls und die Energie von Photonen gelten - siehe den Abschnitt über Photonen - die Beziehungen

p= h λ E=hf=h c λ

mit dem Planckschen Wirkungsquantum h, der Wellenlänge λ, der Fre­quenz f und der Lichtgeschwindigkeit c. Damit wird

F= ΔN Δt h λ = ΔN Δt E 1 c

Die auf die Wand übertragene Leistung der Photonen ist

P= ΔN Δt E    →    F= P c

Der Photonendruck p rad ergibt sich aus der auf eine Fläche A wirkenden Kraft zu:

p rad = F A = P Ac

Nun sei E rad die auf eine Fläche wirkende Strahlungsleistung, d.h. die in W/m² angegebene Bestrahlungsstärke. Für die Sonnenstrahlung oberhalb der Atmosphäre und auf Meeresniveau wird sie in Kapitel 3 diskutiert. Am Außenrand der Atmosphäre beträgt sie 1361 W/m², dies wird Solarkonstante genannt. Es gilt:

E rad =P/A   →   p rad = E rad /c

Wie genau wirkt der Strahlungsdruck der Photonen auf kleine Objekte wie etwa Atome, Moleküle oder größere Staubteilchen? Das Thema Lichtstreuung an Teilchen wird hier nicht vertieft. Aber man kann reflektierende und absorbierende Teilchen unterscheiden.

  • Absorbierende Teilchen nehmen den Impuls und die Energie des Photons vollständig auf: der Photonenimpuls erzeugt den Impuls der gestoßenen Teilchen, die Photonenenergie führt zu ihrer Erwärmung.
  • Reflexion erwärmt Teilchen nicht, führt aber zu einem doppelt so großen Teilchen­impuls, denn die Teilchen übernehmen zusätzlich auch den entgegengesetzt gerichteten Impuls der reflektierten Photonen.

Das Reflexionsvermögen r eines Teilchens, mit 0r1, kann in der Gleichung des Photonendrucks berücksichtigt werden. Es wird hiermit:

p rad =( 1+r ) E rad /c