Ergänzung 5.1: Weshalb ist Meereis wichtig?
Der arktische Spiegel
Meereis ist wichtig, weil es das Sonnenlicht reflektiert, und so die von der Erdoberfläche absorbierte Energiemenge reduziert.
Das energetische Gleichgewicht, das die Temperaturen auf der Erde bestimmt, hängt von den Werten der einfallenden, reflektierten und absorbierten Sonnenstrahlung und der von der Erde abgestrahlten Energie ab.
Die Diagramme zeigen den Einfluss verschiedener Oberflächen auf die absorbierte Sonnenstrahlung.
Wir verwenden eine Größe, die als Albedo bezeichnet wird. Sie beschreibt, wie gut eine Oberfläche die Sonnestrahlung reflektiert.
Die Albedo (α) besitzt Werte zwischen 0 und 1. Der Wert 0 bedeutet, dass die Oberfläche ein ‘perfekter Absorber‘ ist, also alle einfallende Strahlung absorbiert. Der Wert 1 bedeutet, dass die Oberfläche ein ‘perfekter Reflektor’ ist, also alle auffallende Strahlung reflektiert.
Wie viel Licht wird von Wasser und Eis reflektiert?
Der Ozean reflektiert etwa 6 Prozent der einfallenden Strahlung und absorbiert entsprechend 94 Prozent. Die Albedo des Ozeans ist somit 0,06. Meereis reflektiert 50 bis 70 Prozent der einfallenden Strahlung, seine Albedo variiert demnach zwischen 0,5 und 0,7.
Schnee besitzt eine noch höhere Albedo als Eis, bis zu etwa 0,9. Daher reflektiert schneebedecktes Meereis 90 Prozent der einfallenden Sonnenstrahlung. Meereis - vor allem wenn es schneebedeckt ist - absorbiert weniger Strahlung als freie Wasserflächen und sorgen so für niedrige Temperaturen.
Wenn das Meereis abnimmt, wird mehr Energie absorbiert, was dazu führt, dass voraussichtlich noch mehr Eis schmilzt. Dies ist eine positive (verstärkende ) Rückkopplung.
Die im Ozean absorbierte Sonnenstrahlung - insbesondere im Bereich des Äquators und in den Tropen - hält die Meeresströmungen aufrecht, und hierfür ist die Abkühlung an den Polen eine wichtige Bedingung.
Wenn mehr Strahlung an den Polen absorbiert wird, beeinflusst dies die Meeresströmungen. Sie könnten ihre Intensität oder ihre Richtung ändern oder sogar ganz verschwinden.
Glänzender Reflektor oder raue Oberfläche?
Eine glänzemnde Oberfläche verhält sich wie ein Spiegel (oberes Bild), mit der bekannten Beziehung Einfallswinkel = Reflexionswinkel.
Eine rauere Oberfläche (Bild Mitte) streut die einfallende Strahlung in viele Richtungen, aber die Vorzugsrichtung der reflektierten Strahlung ist die selbe wie beim Spiegel. Eine sehr raue Oberfläche (Bild unten) streut in alle Richtungen, und es gibt keine Vorzugsrichtung der gestreuten Strahlung.
Glatte Flächen, die sich wie Spiegel verhalten, bezeichnet man als glänzende Reflektoren. Wenn Licht von einer rauen Fläche in die Einfallsrichtung zurückgestreut wird, spricht man von Rückstreuung.
Wie rau wird eine Oberfläche sein, wenn die Vorzugsrichtung für eine Reflexion oder Streuung verloren geht?
Die Oberflächenrauheit muss man in Bezug zur Wellenlänge und Einfallsrichtung der genutzten Strahlung definieren. Eine Fläche erscheint glatt, wenn ihre Höhenvariation unter einem Achtel der Wellenlänge liegt.
Demnach können Flächen im sichtbaren Licht rau erscheinen, für Radar aber glatt sein. Auch im sichtbaren Spektrum erscheint eine Fäche im roten weniger rau als im blauen Licht.
Weiterhin erscheint eine Fläche umso glatter, je größer der Einfallswinkel ist.
Radar-Bilder entstehen durch Rückstreuung, und daher erscheinen raue Flächen heller als glatte Flächen aus dem gleichen Material.
Unterschiedliche Arten Meereis weisen eine unterschiedliche Rauheit auf. Untersucht man sie unter verschiedenen Winkeln, so lassen sie sich deshalb unterscheiden.
Dieser Effekt lässt sich auch im sichtbaren Bereich nutzen, beispielsweise mit dem Multi-Angle Imaging Spectro-Radiometer (MISR) auf dem Terra-Satelliten der NASA, und im Mikrowellenbereich mit dem abbildenden Radar ASAR auf dem Envisat der ESA.
Die beiden links gezeigten Bilder erläutern, wie die Verwendung verschiedener Betrachtungswinkel und Wellenlängen zusätzliche Informationen über Oberflächen liefern kann. Änderungen der Oberflächenrauheit, beispielsweise durch glattes und raues Eis, lassen sich in den Bildern deutlich wiederfinden.
Unterschiedliche Winkel und Wellenlängen
Die beiden Bilder links zeigen das Gebiet der Hudson Bay und James Bay in Kanada. Links ist ein Echtfarbenbild (rot-grün-blau) gezeigt, das mit der vertikal nach unten gerichteten Kamera des Multi-Angle Imaging Spectro-Radiometer (MISR) gewonnen wurde. Das Bild wurde aus drei Einzelaufnahmen im roten, grünen und blauen Bereich zusammengesetzt.
Rechts ist ein Falschfarbenbild zu sehen, das aus Daten entstand, die mit unterschiedlichen Betrachtungswinkeln bei jeweils gleicher Wellenlänge gewonnen wurden. Es ist ein Komposit aus Aufnahmen des MISR im roten Bereich mit Kameras, die unter 45,6° nach vorne, senkrecht nach unten und unter 45,6° nach hinten orientiert sind und jeweils in blauer, grüner und roter Farbe genutzt wurden.
Farbunterschiede im linken Bild heben spektrale (Echtfarben-) Unterschiede hervor, im rechten Bild hingegen Unterschiede in den winkelabhängigen Reflexionseigenschaften. Violette Gebiete im rechten Bild zeigen niedrige Wolken, hellblaue Gebiete am Rand der Bucht entstanden durch die starke vorwärts gerichtete Streuung von glattem Eis. In orange sind Gebiete mit rauem Eis - das sich durch hohe Rückstreuung auszeichnet - wiedergegeben.
In der Lerneinheit Meeresströmungen finden Sie weitere Informationen zur Frage, wie Strahlung, welche die Polargebiete erreicht, Strömungen beeinflussen kann, und in Spektren der Erde Informationen über Reflexion und Streuung.