Ergänzung 5.3: Satellitenmessungen von Meereis (1/4)

Unterschiedliche Wellenlängen, unterschiedliche Ansichten

Satelliteninstrumente, die unterschiedliche Bereiche des elektro- magnetischen Spektrums nutzen, liefern verschiedene Informationen über Meereis.

Licht im sichtbaren Bereich, Infrarotstrahlung und Mikrowellen (passiv, oder aktiv als Radar) erlauben es, ganzjährig oder zu bestimmten Jahreszeiten, Aussagen zum Meereis zu treffen.

Wie ‘sehen’ unterschiedliche Sensoren das Meereis?

Welche Vor- und Nachteile zeichnen die unterschiedlichen Bereiche des Spektrums aus?

Das sichtbare Spektrum

Sensoren im sichtbaren Bereich (400 - 750 Nanometer) messen das vom Meereis reflektierte Sonnenlicht.

Meereis reflektiert etwa 50 bis 70 Prozent der einfallenden Strahlung, mit Schnee bedecktes Eis sogar mehr, etwa 90 Prozent. Im Vergleich dazu reflektiert das umgebende Wasser nur etwa 6 Prozent des Lichtes.

Glattes flaches Eis verhält sich etwa wie ein Spiegel, während eine rauere Oberfläche das Licht in viele Richtungen streut.

Sensoren im sichtbaren Bereich liefern Informationen

  • über die eisbedeckte Fläche (Eis unterscheidet sich vom umgebenden Wasser)
  • über die Eisart (manchmal).

Beispiele von Sensoren

Sensoren im sichtbaren Bereich werden üblicherweise genutzt, um die Eisbedeckung zu registrieren. Sie besitzen meist eine geringe räumliche Auflösung von nur einigen 100 m bis 1 km, und erfassen Streifen von einigen 100 bis 2000 km Breite. Einige Beispiele:

  • MERIS auf dem ENVISAT-Satelliten der ESA
  • die MODIS-Sensoren auf den Satelliten Aqua und Terra der NASA
  • der AVHRR auf den Satelliten der NIMBUS-Serie.

Sensoren im Sichtbaren mit besserer räumlicher Auflösung (beispielsweise ASTER auf dem Terra-Satelliten mit 15 m Auflösung) liefern sehr viel mehr Einzelheiten, besitzen aber keine für eine Überwachung der Eisbedeckung ausreichende Streifenbreite.

Sensoren im sichtbaren Bereich liefern Daten zur Eisbedeckung der Arktis mit täglicher oder noch kürzerer Wiederholzeit. Für die Aufnahme brauchbarer Bilder benötigen sie allerdings Tageslicht und wolkenfreie Bedingungen.

Infrarot

Sensoren, die im infraroten Spektralbereich arbeiten, messen die von einer Fläche emittierte Strahlung bei Wellenlängen von etwa 10 - 12 μm (thermischer Spektralbereich) und die im nahen Infrarotbereich (1,6 μm) reflektierte Sonnenstrahlung.

Meereis reflektiert sowohl im sichtbaren wie auch im nahen infraroten Bereich stark.

Infrarot-Sensoren liefern Informationen

  • über die Eisbedeckung (Eis unterscheidet sich vom umgebenden Wasser)
  • über die Eisart (manchmal).

Infrarot-Sensoren, ...

...die routinemäßig zur Beobachtung der Eisbedeckung genutzt werden, haben eine räumliche Auflösung von einem bis zu mehreren Kilometern, und erfassen eine Streifenbreite von einigen 100 bis 2000 Kilometern. Einige Beispiele:

  • AVHRR auf den Satelliten der NOAA-Serie. Es befinden sich üblicherweise mindestens zwei Satelliten mit AVHRR-Instrumenten im Orbit. NOAA-19, im February 2009 gestartet, und Metop, im Oktober 2006 gestartet, tragen beide die neueste Version: AVHRR/3.
  • AATSR auf ENVISAT, und sein Vorgänger ATSR auf den ERS-Satelliten
  • die MODIS-Sensoren auf den Satelliten Aqua und Terra der NASA.

Die Sensoren der Landsat-Serie besitzen einen Thermalkanal mit 80 m räumlicher Auflösung und liefern daher sehr viel mehr Details.

Infrarot-Sensoren zeigen die Eisbedeckung der Arktis mit täglicher oder noch kürzerer Wiederholrate. Sie erfordern jedoch wolkenfreie Bedingungen für brauchbare Bilder. Die thermischen Kanäle können am Tage und nachts genutzt werden.

Infrarot-Bilder (rechts und unten rechts)

Diese Bilder sind Beispiele für Infrarot-Daten mit unterschiedlichen Wellenlängen. Das 1.6 μm ATSR-Bild zeigt den Bereich der Bering-Straße, während das AATSR-Wärmebild das Foxe Basin in Kanada zeigt. Beide Instrumente besitzen eine räumliche Auflösung von einem Kilometer.

Ein weiteres von MODIS aufgenommenes Bild ist unten links zu sehen. Es handelt sich dabei um ein zusammengesetztes Farbbild von Nordgrönland, welches aus den Signalen bei drei Wellenlängen (411,3 nm, 442,0 nm und 486,9 nm) zusammengefügt wurde.

Arktisches Meereis
Bei blauem Licht betrachtetes Eis.
RGB-Falschfarben-Reflexionsbild des arktischen Bereichs Nordgrönlands mit einer Auflösung von 1 km. Es wurden die MODIS-Bänder 8, 9 und 10 genutzt. Aufnahme vom 3. April 2001.
Quelle: MODIS Snow/Ice Global Mapping Project
Foxe Basin
Bei Nacht aufgenommenes AATSR-Wärmebild von Packeis im Foxe Basin, Nordostkanada, aufgenommen am 28. Januar 2004. Das Packeis ist bläulich-weiß, während das schneebedeckte Land dunkelblau oder schwarz gefärbt ist.
Quelle: ESA



Foxe Basin

Nördlich der Hudson Bay, zwischen der Melville-Insel und der großen Insel Baffin Island, liegt das Foxe Basin, welches die meiste Zeit des Jahres eisbedeckt ist. Im Norden überwiegt landgebundenes Eis, die tieferen Gewässer im Süden sind von Packeis bedeckt. Das Foxe Basin ist nur selten bis September eisfrei, während des Sommers ist offenes Packeis üblich.

Es handelt sich hierbei um eine der artenreichsten und vielfältigsten Gegenden der kanadischen Arktis. In den vielen Polynjas im nördlichen Foxe Basin sind Bartrobbenkolonien angesiedelt, außerdem lebt dort die größte Walrossherde Kanadas. Ringelrobben und Eisbären sind häufig, außerdem ist das Foxe Basin ein Sommergebiet für Grönland-, Beluga- und Narwale.



Bilder im sichtbaren Bereich

Die unten gezeigten Bilder sind Beispiele für Daten, die mit Sensoren im sichtbaren Bereich erfasst wurden und unterschiedliche räumliche Auflösungen besitzen. Daten mit höherer räumlicher Auflösung (Aster und Landsat) decken immer nur einen kleines Gebiet ab. Sie nehmen jedoch detaillierte Bilder der Eisbedeckung auf. MISR (Multi-angle Imaging SpectroRadiometer)-Bilder haben eine Pixelgröße von 275 Metern. Das Mosaik aus MODIS-Bildern (siehe Kapitel 5) deckte die Arktis über einen Zeitraum von zwei Tagen im September 2007 ab.

Arctic sea ice September 2008
Dieses detaillierte, fotoähnliche Bild des arktischen Meereises wurde von dem Satelliten Landsat-7 aufgenommen. Das Meereis ist auf dem fast schwarzen Hintergrund gut zu erkennen.
Quelle: NASA Earth Observatory
Arktisches Meereis im September 2008
Die wirbelartigen Muster auf diesem MISR-Bild der Beaufort-See sind kleine Eisschollen, die durch turbulente Wasserbewegungen, sog. Eddies, vorangetrieben werden. Aufnahme vom 16. August 2000. Die Pixelgröße ist 275 m.
Quelle: NASA Earth Observatory
Hokkaido
Eisschollen vor der Nordküste der Insel Hokkaido, in der Ochotski-See (Japan). Dieses ASTER-Bild wurde am 11. Februar 2009 aufgenommen und deckt ein Gebiet von 58,5 km x 56,5 km ab.
Quelle: Jet Propulsion Laboratory, USA.

Bering Strait
Reflektiertes Licht, das nicht im sichtbaren Bereich liegt!
Das im nahen Infrarotbereich (1.6 μm) aufgenommene Bild zeigt die Bering-Straße bei Tag, am 5. Februar 1992 mit ATSR aufgenommen. Das Gebiet hat eine Fläche von 512 km x 512 km. In der Farbdarstellung handelt es sich bei den hellsten Flächen um die am stärksten reflektierenden Bereiche.
Quelle: ESA

Bering-Straße

Der auf diesem ATSR 1.6 μm Bild (oben) zu sehende Bereich des Meeres ist mit Eisschollen bedeckt. Die Helligkeit des Bildes hängt davon ab, wie stark die Oberfläche reflektiert. Bei den sehr hellen, gelben Bereichen handelt es sich um Wolken; bei den dunkelblauen bis schwarzen Bereichen um nur schwach reflektierendes Meerwasser.

In den Rissen und Klüften zwischen dem Eis erscheint die viel weniger reflektierende Wasseroberfläche fast schwarz. Der hellste Bereich auf dem Bild ist ein Wolkenfetzen am westlichen Rand des Bildes. Heller als das vereiste Meer sind auch die drei Landflächen auf diesem Bild.

Laserstrahlen aus dem Weltraum

ICESat

Der Satellit ICESat (Ice, Cloud, and Land Elevation Satellite) erfasst die Massenbilanz der Eisdecke, Wolken- und Aerosolhöhen, sowie die Topographie der Landoberfläche und Vegetationsmerkmale.

Das Instrument GLAS (Geoscience Laser Altimeter System) an Bord des ICESat ist das erste lasergestützte Instrument, das für dauerhafte globale Beobachtungen der Erde eingesetzt wird. Der Laser sendet kurze Impulse (4 Nanosekunden lang) infraroten Lichtes (Wellenlänge 1064 Nanometer) und sichtbaren grünen Lichtes (532 Nanometer) aus.

Die Zeit, die ein Laserimpuls benötigt, um zum Sensor zurückzukehren, kann genutzt werden, um die Höhe der Oberfläche zu berechnen. Die Intensität des zurückkehrenden Impulses ist von der Art der Oberfläche, z.B. Eis oder Wasser, abhängig.

ICESat misst die Abstände von der Oberfläche der Schneedecke zur Meeresoberfläche. Die Differenz zwischen den beiden Messgrößen ergibt den sogenannten ‘Freiraum’, also die Eishöhe über dem Wasserpegel bezogen auf den lokalen Meeresspiegel. Wissenschaftler können diese Messung in Beziehung zur Dicke des Eises setzen.

Wissenschaftler der NASA haben Daten von ICESat genutzt, um zu zeigen, dass die Dicke des Meereises in der Arktis vom Winter 2004 bis zum Winter 2008 dramatisch abgenommen hat. Es konnte erstmals nachgewiesen werden, dass dickeres älteres Eis, welches eigentlich die vorherrschende Art des arktischen Eises ausmacht, durch dünnes saisonales Eis ersetzt wurde.

Für weitere Informationen zu ICESat und dünner werdendem Eis in der Arktis siehe Ergänzung 5.3, Seite 4.


Auf der nächste Seite erfahren Sie, wie Mikrowellensensoren für Untersuchungen des Meereises verwendet werden.