Ergänzung 1.8: Lambert-Strahler, Kosinus-Strahler (1/4)
Eine besondere Form anisotroper Strahler sind die Kosinus-Strahler oder Lambert-Strahler, benannt nach dem Mathematiker und Physiker Johann Heinrich Lambert (1728-1777). Er beschäftigte sich u.a. mit dem Thema Fotometrie in seiner Veröffentlichung Photometria sive de mensura et gradibus luminis, hier in deutscher Übersetzung nachzulesen (letzter Zugriff: 26.05.2025).
Die Strahlstärke von Kosinus-Strahlern nimmt mit wachsendem Winkel ϑ im Bereich von 0 bis entsprechend ab. Dies ist plausibel: eine kleine Fläche erscheint in gleicher Weise bei zunehmendem Winkel ϑ mit dem Kosinus perspektivisch kleiner, wie die Grafik zeigt. Eine gleichmäßig von der Rückseite her beleuchtete mattierte Glasscheibe (Mattglas, "Milchglas") erfüllt die Bedingungen eines Kosinus-Strahlers. Strahler verhalten sich nicht immer so: ihre Strahlstärke kann sich eher nach vorne konzentrieren oder auch breiter verteilt sein.
Leuchtdioden (LED) mit planem Gehäuse können Kosinus-Strahler sein. Ihr Datenblatt zeigt einen Kreis als Richtungscharakteristik wie in der rechts gezeigten Grafik. Mit linsenartigen Gehäuseformen kann eine schmalere oder breitere Emission erreicht werden.
Diese Eigenschaft charakterisiert auch reflektierende Flächen. Eine mit matter Farbe lackierte Fläche kann im Spektralbereich, in dem die Farbe reflektiert, einen guten Kosinus-Reflektor darstellen: wird die Fläche beleuchtet, reflektiert sie ebenfalls wie rechts gezeigt. Dies bezeichnet man als diffuse Reflexion.
Weitere Beispiele
Wolken
Im sichtbaren Spektralbereich sind Wolken Kosinus-Reflektoren, sofern sie "optisch dicht" sind. In der physikalischen Optik bedeutet dieser Begriff, dass es für die Photonen keinen Weg durch die Wolke gibt, ohne an Wassertröpfchen mehrfach gestreut zu werden. "Optisch dicht" bedeutet demnach nicht undurchsichtig. Vielmehr diffundieren die Photonen durch die Wolke und verlassen sie nach vielen Streuvorhängen wieder. Die Richtung der Sonneneinstrahlung ist nicht mehr zu erkennen. Auch die in den Weltraum zurückgestreuten Photonen sind räumlich diffus verteilt.
Quelle: ESA Applications.
Auch dunkle Cumulonimbus-Wolken können Kosinus-Streuer sein: ihre Dichte der Tröpfchen ist so hoch dass sehr viel Licht von der bestrahlten Oberseite bis zur Unterseite durch Absorption verloren geht. Im Foto sieht man auch weiße Cumulus-Wolken, die Kosinus-Streuer sind. Höher liegende teiltransparente Wolken sind durch das abendliche Sonnenlicht rötlich gefärbt und zeigen keine gute Kosinus-Charakteristik.
