7. Anwendungen von Lidar über Gewässern
Messung natürlicher Gewässereigenschaften (1/3)
Wir haben bereits gesehen, dass natürlich auftretende Substanzen in Gewässern Fluoreszenzsignale erzeugen und daher mit einem Fluoreszenzlidar gemessen werden können.
In der Abbildung unten ist das Fluoreszenzspektrum einer Meerwasserprobe und das Spektrum der Absorption reinen Wassers zu sehen. Das Absorptionsspektrum zeigt das sogenannte blau-grüne Fenster des Wassers: im nahen Ultraviolett (350-400 nm), im Blau und Grün ist die Absorption gering und reines Wasser daher sehr durchsichtig (die im Meerwasser gelösten Salze beeinträchtigen die Durchsichtigkeit nur gering).
Ein Vergleich der beiden Kurven zeigt, dass die Fluoreszenz von Gelbstoff auch aus größeren Tiefen gemessen werden kann, die Fluoreszenz von Proteinen und Chlorophyll jedoch nur aus dem Bereich der Oberfläche.
Die im Fluoreszenzspektrum auftretenden Fluoreszenzbanden gehen auf Substanzen in einer Konzentration zurück, wie sie im Meerwasser der Nordsee typisch auftreten:
- Die Ursache des Proteinsignals sind fluoreszenzfähige Proteinbestandteile, insbesondere die Aminosäure Tryptophan. Solche Proteine sind in Phytoplankton (oder: Algen) und Bakterien und höheren Organismen enthalten.
- Das Gelbstoffsignal entsteht durch wasserlösliche Huminstoffe; da sie das Wasser gelb färben, werden sie in der Meeresforschung als Gelbstoffe (engl.: yellow substances, chromophoric dissolved organic matter CDOM) bezeichnet. Huminstoffe entstehen auf dem Festland aus verrottenden Pflanzen und werden mit den Flüssen in das Meer transportiert. Auch im Meer entstehen sie durch den Zerfall abgestorbener Algen. Die Konzentration solcher Huminstoffe im Meerwasser ist etwa 1 bis 10 Milligramm pro Liter.
- Das Chlorophyll-Signal entsteht durch das im Phytoplankton enthaltene grüne Pflanzenpigment Chlorophyll a. Es absorbiert das Licht und nutzt es zur Photosynthese. Ein kleiner Teil des absorbierten Lichts wird als Fluoreszenz wieder emittiert. Eine Erklärung der Photosynthese von Pflanzen findet sich in der SEOS-Lerneinheit Fernerkundung in der Landwirtschaft.
In der Abbildung oben sind die Ergebnisse einer Befliegung des Meeresgebiets bei den Kanarischen Inseln gezeigt. Auf den eingezeichneten Flugkursen wurde mit einem Laserfluorosensor die Fluoreszenz von Gelbstoff gemessen. Mit Kriging, einem geostatistischen Verfahren, wurden diese Daten in die Fläche extrapoliert und farbkodiert dargestellt. Hierbei wird die Farbe - entsprechend dem angegebenen Farbkeil - zur Darstellung des Messwerts genutzt. Die Helligkeit zeigt die Qualität der statistischen Schätzung: Die Unsicherheit wächst mit der Entfernung von den Flugkursen, und die Farbe wird heller.
Die Gelbstoffdaten bei den Kanarischen Inseln zeigen einige für die Ozeane typische Strukturen:
- Weit entfernt von der Küste ist die Fluoreszenz sehr gering (blaue Farbe), da die fluoreszenzfähigen Moleküle nahe der Wasseroberfläche durch die UV-Strahlung der Sonne photochemisch zerstört werden.
- An der Küste ist die Fluoreszenz hoch, da die Passat-Winde aus nordwestlicher Richtung einen Küstenauftrieb hervorrufen und mit dem auftreibenden Wasser fluoreszenzfähiger Gelbstoff aus tieferen Schichten zur Oberfläche gelangt. Der Küstenauftrieb ist in Kapitel 4 der SEOS-Lerneinheit Meeresströmungen ausführlich erklärt.
- Zwischen den Inseln beobachtet man hohe Signale: dort findet ebenfalls Auftrieb statt, da die küstenparallele Meeresströmung von den Inseln beeinflusst wird, ein in der Meeresforschung als Inselauftrieb bekannter Effekt.
Gelbstoff im Meer kann wegen seiner lichtabsorbierenden Eigenschaft auch aus Daten der Meerwasserfarbe berechnet werden. In Meeresgebieten, die weitab von Flussmündungen liegen, ist die Gelbstoffmenge jedoch zu gering, um in der Meeresfarbe nachgewiesen zu werden. Dies ist im Gebiet der Kanarischen Inseln der Fall.